Wie sollte ein Scrum-Team mit Non-Functional Requirements (NFRs) umgehen?

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Wie sollte ein Scrum-Team mit Non-Functional (NFRs) Requirements umgehen?

Inhaltsverzeichnis

Das Problem-Lösungs-Dreieck: Non-Functional Requirements im Scrum-Kontext

In der agilen Produktentwicklung stehen Non-Functional Requirements (NFRs) oft im Schatten der funktionalen Anforderungen. Während User Stories und Features die Aufmerksamkeit des Teams auf sich ziehen, werden Aspekte wie Performance, Skalierbarkeit, Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit häufig erst spät im Entwicklungsprozess berücksichtigt. Diese Vernachlässigung kann zu erheblichen technischen Schulden, Qualitätsproblemen und letztendlich zu Produkten führen, die zwar funktionieren, aber nicht den Qualitätsansprüchen der Nutzer genügen.

Das klassische Dilemma besteht darin, dass NFRs oft schwer zu quantifizieren und in die Sprint-Planung zu integrieren sind. Sie passen nicht nahtlos in das Format von User Stories und werden daher leicht übersehen. Zudem fehlt es vielen Scrum Teams an klaren Prozessen, wie diese Anforderungen erfasst, priorisiert und kontinuierlich überprüft werden können. Die Herausforderung wird durch die Tatsache verstärkt, dass NFRs häufig teamübergreifende Auswirkungen haben und eine ganzheitliche Betrachtung des Systems erfordern.

Die Bedeutung von NFRs für den Produkterfolg

Non-Functional Requirements sind keine optionalen Extras, sondern entscheidende Qualitätsmerkmale, die den langfristigen Erfolg eines Produkts maßgeblich beeinflussen. In einer Welt, in der Benutzer innerhalb von Sekunden über die Akzeptanz einer Anwendung entscheiden, können Aspekte wie Ladezeiten, Benutzerfreundlichkeit und Zuverlässigkeit den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Studien zeigen, dass 88% der Nutzer nach einer schlechten Erfahrung mit der Performance einer Website oder App unwahrscheinlich zurückkehren werden.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass die Vernachlässigung von NFRs direkte Auswirkungen auf Kundenzufriedenheit, Marktakzeptanz und letztendlich auf den ROI haben kann. Besonders in regulierten Branchen wie Finanzdienstleistungen, Gesundheitswesen oder kritischen Infrastrukturen können Mängel in Bereichen wie Sicherheit, Compliance oder Datenschutz schwerwiegende rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen.

Das Spannungsfeld zwischen Agilität und Qualitätssicherung

Scrum Teams stehen vor der Herausforderung, die Balance zwischen schneller Wertlieferung und nachhaltiger Qualitätssicherung zu finden. Die agilen Prinzipien betonen die frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software, während gleichzeitig technische Exzellenz und gutes Design als wesentliche Faktoren anerkannt werden. Dieses Spannungsfeld manifestiert sich besonders deutlich im Umgang mit NFRs.

In der Praxis beobachten wir häufig, dass Teams unter Zeitdruck dazu neigen, NFRs zu vernachlässigen oder als “später zu bearbeitende” Aufgaben zu betrachten. Diese Herangehensweise führt jedoch oft zu einer Anhäufung technischer Schulden, die später mit höherem Aufwand adressiert werden müssen. Der Schlüssel liegt in der frühzeitigen Integration von NFRs in den agilen Entwicklungsprozess, ohne dabei die Flexibilität und Reaktionsfähigkeit des Teams zu beeinträchtigen.

 

Key Insight

Non-Functional Requirements sind keine nachträglichen Überlegungen, sondern integraler Bestandteil der Produktqualität. Ihre systematische Berücksichtigung im Scrum-Prozess ist entscheidend für nachhaltige Produktentwicklung und langfristigen Geschäftserfolg.

Vergleichsanalyse: NFR-Management in Scrum vs. alternative Ansätze

Um die optimale Strategie für den Umgang mit Non-Functional Requirements zu finden, ist es hilfreich, verschiedene methodische Ansätze zu vergleichen. Jeder Ansatz bietet spezifische Vor- und Nachteile, die je nach Organisationskontext und Projektanforderungen unterschiedlich ins Gewicht fallen können.

Scrum-native Ansätze für NFR-Management

Innerhalb des Scrum-Frameworks gibt es verschiedene Möglichkeiten, NFRs zu integrieren, ohne die Grundprinzipien zu verletzen. Der Definition of Done-Ansatz integriert NFRs als verbindliche Qualitätskriterien, die für jedes Inkrement erfüllt sein müssen. Dies schafft ein gemeinsames Qualitätsverständnis im Team und stellt sicher, dass NFRs nicht vernachlässigt werden. Allerdings kann eine zu umfangreiche DoD die Flexibilität einschränken und zu unrealistischen Erwartungen führen.

Der NFR als User Story-Ansatz behandelt nicht-funktionale Anforderungen als eigenständige Backlog-Items, die wie funktionale Features priorisiert und umgesetzt werden. Dies macht NFRs sichtbar und messbar, kann aber dazu führen, dass sie in Konkurrenz zu funktionalen Features treten und bei hohem Geschäftsdruck zurückgestellt werden. Eine Variante ist der NFR als Akzeptanzkriterien-Ansatz, bei dem spezifische nicht-funktionale Anforderungen direkt in die Akzeptanzkriterien von User Stories integriert werden. Dies stellt sicher, dass NFRs bei der Implementierung funktionaler Features berücksichtigt werden, erfordert jedoch eine sorgfältige Formulierung und kann bei komplexen, systemweiten NFRs an Grenzen stoßen.

 

Scrum-Ansatz Vorteile Nachteile Besonders geeignet für

 

Definition of Done Schafft verbindliche Qualitätsstandards; Verhindert technische Schulden Kann zu umfangreich werden; Nicht alle NFRs passen in DoD Grundlegende, teamweite Qualitätsanforderungen
NFR als User Story Macht NFRs sichtbar und priorisierbar; Klare Verantwortlichkeit Konkurriert mit funktionalen Features; Kann vernachlässigt werden Große, eigenständige NFR-Initiativen
NFR als Akzeptanzkriterien Direkte Integration in funktionale Entwicklung; Spezifisch und messbar Fragmentierung bei systemweiten NFRs; Erhöhter Dokumentationsaufwand Feature-spezifische Qualitätsanforderungen
Separater NFR-Backlog Fokussierte Aufmerksamkeit auf NFRs; Ganzheitlicher Überblick Zusätzlicher Verwaltungsaufwand; Gefahr der Isolation Komplexe Systeme mit vielen technischen Abhängigkeiten

Alternative methodische Ansätze

Neben den Scrum-nativen Ansätzen existieren alternative Methoden, die teilweise aus anderen Entwicklungsparadigmen stammen, aber mit Scrum kombiniert werden können. Der Architectural Runway-Ansatz aus SAFe (Scaled Agile Framework) betont die Notwendigkeit, eine technische Grundlage zu schaffen, die zukünftige funktionale Entwicklungen unterstützt. Dies beinhaltet die proaktive Berücksichtigung von NFRs in der Architekturentwicklung und kann besonders in komplexen, skalierten Umgebungen wertvoll sein.

Der Quality Attribute Workshop (QAW) stammt aus der traditionellen Softwarearchitektur und bietet einen strukturierten Prozess zur Identifikation, Priorisierung und Spezifikation von Qualitätsattributen. Dieser Workshop kann als Vorbereitung für die Product Backlog Refinement genutzt werden und hilft, NFRs frühzeitig und systematisch zu erfassen. Die Continuous NFR Validation legt den Fokus auf kontinuierliche Überprüfung und Feedback durch automatisierte Tests, Monitoring und regelmäßige Reviews. Dieser Ansatz passt gut zum agilen Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung und kann helfen, Abweichungen von NFRs frühzeitig zu erkennen.

Hybride Strategien für maximale Wirksamkeit

In der Praxis zeigt sich, dass hybride Ansätze oft die besten Ergebnisse liefern. Eine erfolgreiche Strategie könnte grundlegende, teamweite NFRs in der Definition of Done verankern, während spezifische, feature-bezogene NFRs als Akzeptanzkriterien formuliert werden. Größere, systemweite NFR-Initiativen könnten als eigenständige Backlog-Items behandelt werden, unterstützt durch regelmäßige architektonische Überprüfungen und kontinuierliches Monitoring.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Wahl der richtigen Strategie stark vom Organisationskontext, der technischen Komplexität und der Reife des Teams abhängt. Ein junges Team mit begrenzter technischer Erfahrung profitiert möglicherweise von einer klaren Definition of Done mit expliziten NFR-Kriterien, während ein erfahrenes Team mit einem separaten NFR-Backlog und regelmäßigen Architektur-Spikes besser arbeiten kann.

Entscheidend ist, dass die gewählte Strategie zur Kultur und den Arbeitsweisen des Teams passt und nicht als aufgezwungener Prozess wahrgenommen wird. Die Integration von NFRs sollte als Enabler für Qualität und langfristigen Erfolg verstanden werden, nicht als zusätzliche Bürde oder Verlangsamung der Entwicklung.

Best Practice

Experimentieren Sie mit verschiedenen Ansätzen und evaluieren Sie deren Wirksamkeit in regelmäßigen Retrospektiven. Die optimale Strategie für NFR-Management entwickelt sich oft evolutionär und passt sich an die wachsende Reife des Teams und des Produkts an.

Der Implementierungsguide: NFRs systematisch in Scrum integrieren

Die erfolgreiche Integration von Non-Functional Requirements in Scrum erfordert einen strukturierten Ansatz, der alle Phasen des Entwicklungsprozesses berücksichtigt. Der folgende Implementierungsguide bietet einen praxisorientierten Fahrplan, wie Scrum Teams NFRs systematisch in ihren Arbeitsalltag integrieren können.

Phase 1: Identifikation und Dokumentation relevanter NFRs

Der erste Schritt besteht darin, die für das Produkt relevanten NFRs zu identifizieren und zu dokumentieren. Dies sollte idealerweise bereits in frühen Phasen der Produktentwicklung geschehen, kann aber auch für bestehende Produkte nachgeholt werden. Beginnen Sie mit einem NFR-Discovery-Workshop, an dem Product Owner, Entwicklungsteam, Stakeholder und idealerweise auch Endnutzer teilnehmen. Ziel ist es, ein gemeinsames Verständnis darüber zu entwickeln, welche nicht-funktionalen Aspekte für den Erfolg des Produkts entscheidend sind.

Strukturieren Sie die identifizierten NFRs in Kategorien wie Performance, Sicherheit, Benutzerfreundlichkeit, Skalierbarkeit, Wartbarkeit und Compliance. Für jede Kategorie sollten konkrete, messbare Kriterien definiert werden. Statt vager Aussagen wie “Das System soll schnell sein” formulieren Sie präzise Anforderungen wie “Die Antwortzeit für Suchanfragen darf 200ms nicht überschreiten”. Diese Präzision ist entscheidend für die spätere Überprüfbarkeit.

Dokumentieren Sie die NFRs in einer für das Team zugänglichen Form. Dies kann ein dediziertes Dokument sein, ein Bereich im Wiki oder ein spezieller Abschnitt im Product Backlog. Wichtig ist, dass die Dokumentation lebendig bleibt und regelmäßig überprüft und aktualisiert wird. Daher empfehlen wir, NFRs als Teil der Produktvision und -strategie zu betrachten und entsprechend zu dokumentieren.

Phase 2: Integration in Scrum-Artefakte und -Events

Nachdem die relevanten NFRs identifiziert wurden, müssen sie in die bestehenden Scrum-Artefakte und -Events integriert werden. Beginnen Sie mit dem Product Backlog. Entscheiden Sie gemeinsam mit dem Product Owner, welche NFRs als eigenständige Backlog-Items behandelt werden sollen und welche besser als Akzeptanzkriterien für funktionale User Stories geeignet sind. Systemweite NFRs wie “Implementierung eines durchgängigen Logging-Konzepts” eignen sich oft als eigenständige Items, während feature-spezifische NFRs wie “Barrierefreiheit für den Anmeldebildschirm” besser als Akzeptanzkriterien funktionieren.

Überarbeiten Sie die Definition of Done, um grundlegende NFR-Kriterien zu integrieren, die für jedes Inkrement gelten sollen. Dies könnte Aspekte wie Code-Qualität, Test-Coverage, Performance-Baselines oder Sicherheitsstandards umfassen. Achten Sie darauf, dass die DoD nicht zu umfangreich wird und regelmäßig auf ihre Praktikabilität überprüft wird.

Integrieren Sie NFRs in die Sprint-Planung, indem Sie explizit nach den nicht-funktionalen Aspekten der ausgewählten Backlog-Items fragen. Stellen Sie sicher, dass das Team die NFR-Implikationen versteht und in seine Aufwandsschätzungen einbezieht. Im Daily Scrum sollten Hindernisse bei der Umsetzung von NFRs genauso thematisiert werden wie Probleme mit funktionalen Anforderungen.

Das Sprint Review bietet eine hervorragende Gelegenheit, die Einhaltung von NFRs zu demonstrieren und zu überprüfen. Zeigen Sie nicht nur, dass Features funktionieren, sondern auch, dass sie die definierten Qualitätskriterien erfüllen. Dies kann durch Live-Demos, Testberichte oder Monitoring-Dashboards geschehen. In der Sprint Retrospektive reflektieren Sie regelmäßig, wie gut der Umgang mit NFRs funktioniert und wo Verbesserungspotenzial besteht.

Phase 3: Validierung und kontinuierliche Verbesserung

Die Validierung von NFRs erfordert oft andere Methoden als die Überprüfung funktionaler Anforderungen. Etablieren Sie ein umfassendes Testkonzept, das spezifisch auf die Validierung von NFRs ausgerichtet ist. Dies kann Last- und Performance-Tests, Sicherheitsaudits, Usability-Tests mit echten Nutzern oder Accessibility-Checks umfassen. Automatisieren Sie so viele dieser Tests wie möglich und integrieren Sie sie in Ihre CI/CD-Pipeline.

Implementieren Sie ein kontinuierliches Monitoring, das die Einhaltung von NFRs im laufenden Betrieb überwacht. Dashboards, die Performance-Metriken, Fehlerraten, Sicherheitsvorfälle oder Nutzungsmuster visualisieren, helfen dem Team, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Definieren Sie klare Schwellenwerte und Alarme, die bei Abweichungen von den definierten NFR-Kriterien ausgelöst werden.

Führen Sie regelmäßige NFR-Reviews durch, in denen Sie die Relevanz und Angemessenheit der definierten NFRs überprüfen. Anforderungen können sich im Laufe der Zeit ändern, neue Herausforderungen können entstehen, und das Team gewinnt kontinuierlich neue Erkenntnisse. Diese Reviews können Teil der Product Backlog Refinement sein oder als separate Sessions durchgeführt werden.

Fördern Sie eine Kultur der technischen Exzellenz im Team, in der NFRs nicht als lästige Pflicht, sondern als wesentlicher Bestandteil der Produktqualität verstanden werden. Dies kann durch Schulungen, Wissensaustausch, technische Vorträge oder die Einführung von Qualitäts-Champions unterstützt werden. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Teams, die ein tiefes Verständnis für die Bedeutung von NFRs entwickelt haben, diese viel selbstverständlicher in ihre tägliche Arbeit integrieren.

 

Implementierungstipp

Beginnen Sie mit einem überschaubaren Set von NFRs und erweitern Sie dieses schrittweise. Ein evolutionärer Ansatz ist oft erfolgreicher als der Versuch, alle Aspekte auf einmal zu adressieren. Priorisieren Sie NFRs basierend auf Geschäftsrisiken und Kundenbedürfnissen.

 

Zukunftstrends: Wie sich der Umgang mit NFRs in Scrum weiterentwickelt

Die Art und Weise, wie Scrum Teams mit Non-Functional Requirements umgehen, unterliegt einem kontinuierlichen Wandel, der von technologischen Entwicklungen, veränderten Marktanforderungen und der Evolution agiler Praktiken geprägt ist. Ein Blick auf aktuelle Trends und zukünftige Entwicklungen hilft Teams, sich proaktiv auf kommende Herausforderungen vorzubereiten.

KI-gestützte NFR-Identifikation und -Validierung

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen revolutionieren zunehmend den Umgang mit NFRs. Prädiktive Analysen können potenzielle Performance-Engpässe oder Sicherheitslücken identifizieren, bevor sie in der Produktion auftreten. KI-Systeme analysieren Code, Architektur und Nutzungsmuster, um Vorhersagen über die Auswirkungen von Änderungen auf nicht-funktionale Eigenschaften zu treffen.

Besonders vielversprechend ist der Einsatz von Natural Language Processing (NLP) zur automatisierten Extraktion von NFRs aus Stakeholder-Interviews, Kundenfeedback oder Marktanalysen. Diese Technologien können implizite nicht-funktionale Anforderungen erkennen, die in Gesprächen oder Dokumenten versteckt sind, aber nicht explizit als NFRs formuliert wurden. Fortschrittliche Tools können sogar Widersprüche oder Unklarheiten in NFR-Definitionen identifizieren und Verbesserungsvorschläge unterbreiten.

In der Validierungsphase ermöglichen KI-gestützte Testverfahren eine umfassendere und effizientere Überprüfung von NFRs. Automatisierte Usability-Tests, KI-basierte Sicherheitsaudits oder selbstlernende Performance-Monitoring-Systeme reduzieren den manuellen Aufwand und erhöhen die Testabdeckung. Diese Entwicklung wird es Scrum Teams ermöglichen, NFRs kontinuierlicher und gründlicher zu validieren, ohne dabei an Geschwindigkeit zu verlieren.

Shift-Left für NFRs und DevSecOps-Integration

Der “Shift-Left”-Ansatz, bei dem Qualitätssicherung und Testing früher im Entwicklungsprozess angesiedelt werden, gewinnt auch für NFRs zunehmend an Bedeutung. Statt NFRs erst spät im Prozess zu berücksichtigen, werden sie bereits in frühen Phasen der Anforderungsanalyse und des Designs adressiert. Dies reduziert kostspielige Nacharbeiten und technische Schulden.

Besonders deutlich zeigt sich dieser Trend in der DevSecOps-Bewegung, die Sicherheit als integralen Bestandteil des gesamten Entwicklungsprozesses betrachtet. Sicherheits-NFRs werden nicht mehr als separate Anforderungen behandelt, sondern in die täglichen Entwicklungspraktiken integriert. Automatisierte Sicherheitstests, Vulnerability Scanning und Compliance-Checks werden Teil der CI/CD-Pipeline und liefern kontinuierliches Feedback.

Diese Integration wird sich in den kommenden Jahren auf weitere NFR-Kategorien ausweiten. DevPerfOps für Performance-Anforderungen, DevAccessOps für Barrierefreiheit oder DevGreenOps für Nachhaltigkeitsanforderungen sind Konzepte, die bereits Einzug in fortschrittliche Organisationen halten. Für Scrum Teams bedeutet dies eine noch stärkere Verschmelzung von Entwicklung, Operations und Qualitätssicherung, bei der NFRs nicht mehr als separate Disziplin, sondern als integraler Bestandteil jeder Aktivität verstanden werden.

Produktübergreifende NFR-Governance in skalierten Umgebungen

In großen Organisationen mit mehreren Scrum Teams und Produkten gewinnt die produktübergreifende NFR-Governance an Bedeutung. Während einzelne Teams weiterhin für die Umsetzung von NFRs verantwortlich sind, entstehen übergeordnete Strukturen, die konsistente Standards, Best Practices und Architekturrichtlinien definieren und überwachen.

Frameworks wie SAFe, LeSS oder Nexus erweitern ihre Konzepte um spezifische Praktiken für das NFR-Management in skalierten Umgebungen. Communities of Practice (CoPs) für Bereiche wie Performance, Sicherheit oder Benutzerfreundlichkeit fördern den Wissensaustausch zwischen Teams und entwickeln gemeinsame Standards. Architektur-Gremien definieren produktübergreifende NFR-Richtlinien, die als Leitplanken für die Teams dienen, ohne deren Autonomie einzuschränken.

Ein besonders innovativer Ansatz ist die Einführung von NFR-Plattformen, die Teams bei der Erfüllung komplexer nicht-funktionaler Anforderungen unterstützen. Diese Plattformen bieten wiederverwendbare Komponenten, Frameworks und Services, die grundlegende NFRs wie Sicherheit, Monitoring oder Compliance adressieren und es den Teams ermöglichen, sich stärker auf die fachlichen Aspekte zu konzentrieren. Bei AgileBay beobachten wir, dass solche Plattformen besonders in regulierten Branchen mit hohen Compliance-Anforderungen an Bedeutung gewinnen.

Zukunftsausblick

Bereiten Sie Ihr Team auf diese Trends vor, indem Sie kontinuierliches Lernen fördern und experimentierfreudig bleiben. Die frühzeitige Auseinandersetzung mit neuen Ansätzen und Technologien für das NFR-Management kann einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen.

 

Häufig gestellte Fragen zu Non-Functional Requirements in Scrum

Welche NFRs sind für die meisten Scrum-Projekte relevant?

Während die spezifischen NFRs je nach Produkt und Branche variieren, gibt es einige Kategorien, die für die meisten Scrum-Projekte relevant sind. Dazu gehören Performance (Antwortzeiten, Durchsatz, Ressourcennutzung), Sicherheit (Datenschutz, Authentifizierung, Autorisierung), Benutzerfreundlichkeit (Intuitivität, Effizienz, Fehlertoleranz), Skalierbarkeit (horizontale und vertikale Skalierung), Wartbarkeit (Modularität, Testbarkeit, Dokumentation) und Verfügbarkeit (Ausfallsicherheit, Disaster Recovery). Je nach Kontext können weitere Kategorien wie Compliance, Internationalisierung oder Barrierefreiheit hinzukommen.

Wir empfehlen, für jedes Projekt eine priorisierte Liste relevanter NFR-Kategorien zu erstellen und für jede Kategorie spezifische, messbare Kriterien zu definieren. Die Priorisierung sollte auf Geschäftsrisiken, Kundenbedürfnissen und regulatorischen Anforderungen basieren.

Wie können NFRs in User Stories integriert werden?

Es gibt mehrere Ansätze, NFRs in User Stories zu integrieren. Eine Möglichkeit ist, sie als explizite Akzeptanzkriterien zu formulieren, z.B. “Die Suchfunktion muss Ergebnisse in weniger als 500ms liefern” oder “Der Anmeldebildschirm muss WCAG 2.1 AA-konform sein”. Diese Methode eignet sich gut für feature-spezifische NFRs, die direkt mit der Funktionalität zusammenhängen.

Für übergreifende NFRs kann das INVEST-Prinzip (Independent, Negotiable, Valuable, Estimable, Small, Testable) auf NFR-spezifische User Stories angewendet werden. Eine solche Story könnte lauten: “Als Administrator möchte ich, dass alle sensiblen Daten gemäß DSGVO verschlüsselt gespeichert werden, damit wir regulatorische Anforderungen erfüllen.” Wichtig ist, dass auch NFR-Stories einen klaren Geschäftswert kommunizieren und nicht nur technische Aspekte beschreiben.

Eine dritte Möglichkeit ist die Verwendung von “NFR-Constraints” als Metadaten für User Stories. Diese Constraints definieren Rahmenbedingungen, innerhalb derer die Funktionalität implementiert werden muss, ohne den Umfang der Story zu erweitern. Dies hilft, den Fokus auf die eigentliche Funktionalität zu behalten, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass NFRs berücksichtigt werden.

Wie misst man den Erfolg von NFR-Implementierungen?

Die Messung des Erfolgs von NFR-Implementierungen erfordert spezifische Metriken und Validierungsmethoden, die über traditionelle funktionale Tests hinausgehen. Für Performance-NFRs können Metriken wie Antwortzeiten, Durchsatz, CPU- und Speichernutzung oder Skalierbarkeitskoeffizienten verwendet werden. Diese können durch Last- und Performance-Tests oder kontinuierliches Monitoring erfasst werden.

Sicherheits-NFRs können durch automatisierte Sicherheitsscans, Penetrationstests oder Compliance-Audits validiert werden. Metriken wie die Anzahl identifizierter Schwachstellen, die Zeit bis zur Behebung oder die Einhaltung von Sicherheitsstandards geben Aufschluss über den Erfolg. Für Benutzerfreundlichkeit eignen sich Usability-Tests mit echten Nutzern, A/B-Tests oder Analysen des Nutzerverhaltens. Metriken wie Task Completion Rate, Time on Task oder User Satisfaction Score quantifizieren den Erfolg.

Ein umfassender Ansatz kombiniert objektive Metriken mit qualitativen Bewertungen und betrachtet NFRs im Kontext der Gesamtproduktqualität und des Geschäftserfolgs. Dashboards, die NFR-Metriken visualisieren und Trends über Zeit zeigen, helfen Teams, den Fortschritt zu verfolgen und datenbasierte Entscheidungen zu treffen.

Wie geht man mit Konflikten zwischen verschiedenen NFRs um?

Konflikte zwischen verschiedenen NFRs sind keine Seltenheit. Hohe Performance kann mit Sicherheitsanforderungen kollidieren, Benutzerfreundlichkeit kann mit Compliance-Anforderungen in Konflikt geraten, und Skalierbarkeit kann die Wartbarkeit beeinträchtigen. Der Schlüssel zum Umgang mit solchen Konflikten liegt in einer bewussten Abwägung und Priorisierung basierend auf dem Geschäftswert und den Risiken.

Beginnen Sie mit einer Analyse der Abhängigkeiten und potenziellen Konflikte zwischen den definierten NFRs. Visualisieren Sie diese in einer Matrix, um Bereiche mit hohem Konfliktpotenzial zu identifizieren. Führen Sie dann einen Workshop mit Stakeholdern durch, um Trade-offs zu diskutieren und Prioritäten festzulegen. Dabei sollten sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen berücksichtigt werden.

In einigen Fällen können architektonische Entscheidungen oder innovative Lösungsansätze helfen, scheinbare Konflikte zu überwinden. Modulare Architekturen, Feature Toggles oder kontextabhängige Konfigurationen ermöglichen es, unterschiedliche NFR-Profile für verschiedene Teile des Systems oder verschiedene Nutzungsszenarien zu definieren. Wichtig ist, dass Entscheidungen transparent dokumentiert werden und regelmäßig überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie weiterhin den Geschäftsanforderungen entsprechen.

Welche Rolle spielt der Product Owner bei NFRs?

Der Product Owner spielt eine entscheidende Rolle bei der Definition, Priorisierung und Validierung von NFRs. Als Vertreter der Stakeholder und Verantwortlicher für den Produkterfolg muss der Product Owner ein tiefes Verständnis dafür entwickeln, welche nicht-funktionalen Eigenschaften für das Produkt kritisch sind und welchen Geschäftswert sie bieten.

In der Praxis bedeutet dies, dass der Product Owner NFRs aktiv in die Product Vision und Roadmap integriert, sie im Product Backlog sichtbar macht und bei der Priorisierung berücksichtigt. Er oder sie arbeitet eng mit Stakeholdern zusammen, um NFR-Anforderungen zu erfassen und zu validieren, und mit dem Entwicklungsteam, um sicherzustellen, dass diese Anforderungen verstanden und umgesetzt werden.

Eine besondere Herausforderung für Product Owner ist die Kommunikation des Geschäftswerts von NFRs gegenüber Stakeholdern, die oft primär an funktionalen Features interessiert sind. Hier ist es hilfreich, NFRs in Bezug auf konkrete Geschäftsrisiken, Kundenbedürfnisse oder Wettbewerbsvorteile zu formulieren, anstatt sie als rein technische Anforderungen darzustellen. Bei AgileBay unterstützen wir Product Owner dabei, diese Balance zwischen funktionalen und nicht-funktionalen Aspekten zu finden und eine ganzheitliche Produktstrategie zu entwickeln.

 

Kontaktieren Sie uns für individuelle Beratung:

Haben Sie spezifische Fragen zum Umgang mit Non-Functional Requirements in Ihrem Scrum-Team? Unser Expertenteam bei AgileBay unterstützt Sie gerne mit maßgeschneiderten Lösungen und praxiserprobten Strategien.

📞 +49 163 43 66 838

✉️ hoernig.m@bayard-unternehmensberatung.de

Fazit: NFRs als strategischer Erfolgsfaktor für Scrum Teams

Die systematische Integration von Non-Functional Requirements in den Scrum-Prozess ist kein optionales Extra, sondern ein strategischer Erfolgsfaktor für nachhaltige Produktentwicklung. Teams, die NFRs frühzeitig und kontinuierlich berücksichtigen, schaffen Produkte, die nicht nur funktional überzeugen, sondern auch in Bezug auf Qualität, Benutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Skalierbarkeit Maßstäbe setzen.

Die in diesem Artikel vorgestellten Ansätze – von der Integration in Scrum-Artefakte über hybride Strategien bis hin zu zukunftsweisenden Trends – bieten einen umfassenden Werkzeugkasten, aus dem Teams die für ihren Kontext passenden Methoden auswählen können. Entscheidend ist dabei nicht die strikte Befolgung eines bestimmten Prozesses, sondern die Entwicklung einer Kultur, in der NFRs als integraler Bestandteil der Produktqualität verstanden und gelebt werden.

Wir begleiten Teams auf diesem Weg und unterstützen sie dabei, den Umgang mit NFRs kontinuierlich zu verbessern und an ihre spezifischen Herausforderungen anzupassen. Denn letztendlich geht es nicht um Perfektion, sondern um kontinuierliche Verbesserung – ganz im Sinne der agilen Prinzipien.

“Der wahre Wert eines Produkts liegt nicht nur in dem, was es tut, sondern auch in wie gut es dies tut. Non-Functional Requirements sind der Schlüssel zu diesem ‘wie gut’ und damit entscheidend für nachhaltigen Erfolg.”

– Martin Hörnig, Geschäftsführer AgileBay

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